tipico Bundesliga
Ernst-Happel-Stadion, Wien
Zuschauer: 32200 (2000)
Fünftes Spiel innert 48 Stunden - und der eigentliche Grund der Reise. Im früheren Praterstadion, welches erst nach dem Tod der österreichischen Trainerlegende (im Jahre 1992) seinen heutigen Namen erhielt, trafen sich die bedeutendsten Vereine der Hauptstadt zum 315. Wiener Derby - nur das "Old Firm" in Glasgow wurde in der Fussballhistorie noch häufiger ausgetragen. Dass sich Rapid und Austria im Nationalstadion messen, ist mit dem Neubau der grünweissen Heimstätte zu erklären. In Hütteldorf wird bis im kommenden Sommer am modernen Allianz Stadion gearbeitet, welches auf dem Gelände des abgerissenen Gerhard-Hanappi-Stadions errichtet werden wird.
In Kombination mit der aktuellen Tabellenlage - beide Clubs hatten sich mit dem verhassten, von Sponsorengeldern alimentierten Rivalen aus der Mozartstadt an der Spitze eingereiht - wurde der dritthöchste Besucheraufmarsch in einem städtischen Derby in den letzten vierzig Jahren erreicht, was auch in Sachen Stimmung einiges erhoffen liess. Als Intro gab es in der heimischen Fankurve eine schwarze Zettelchoreo - von kleinen Fähnchen in Clubfarben flankiert - und das Spruchband "In Wien nur wir" zu sehen. Im dritten Oberrang der gegenüberliegenden Kurve war eine Austria-Choreographie im Stil der Ghostbusters (mit einem immer gleichen Emblem) erkennbar mit dem Spruch: "Werden wir heute im Derby siegen, wird die schleimige Plage dieser Stadt vertrieben!"
Der Vergleich auf dem Rasen verlief vor der Halbzeit enttäuschend - nicht ein einziger Abschluss auf eines der beiden Tore war zu notieren, auch wenn sich die Veilchen mit fortlaufender Spielzeit marginale Vorteile erspielen konnten. Umso stärker waren die Rapidler auf den Zuschauerrängen, wo sie einen pausenlosen Support zelebrierten - mit einer grösseren Menge an Schwenkfahnen in ständiger Bewegung. Immer wieder flammten vereinzelte Bengalfackeln in der hereinbrechenden Dunkelheit auf. Dadurch gelang es den Austrianern nur äusserst selten, sich Gehör zu verschaffen - nicht nur angesichts ihrer zahlenmässigen Unterlegenheit, sondern auch weil sich häufig nur ein harter Kern der Anhängerschaft aus Favoriten an den Gesängen im eigenen Sektor beteiligte.
Nach dem Seitenwechsel folgte eine koordinierte Pyro-Aktion der Gastgeber mit dem passenden Spruchband "Tod und Hass dem FAK", doch der kollektive Freudenausbruch liess sich nur wenige Minuten später in der anderen Kurve beobachten, als die Gäste durch ein unglückliches Eigentor von Hofmann im Anschluss an eine Standardsituation zur Führung kamen. Kurzzeitig wurde das umkämpfte Spiel nun offener, doch der heimische Ausgleichstreffer aus halblinker Position durch Prosenik war einzig einem genialen Zuspiel zu verdanken. Die Rapid-Anhänger machten in dieser Phase des Spiels - wie bereits mehrmals in diesem Jahr - mit einem speziellen Banner und einer grösseren Menge an pyrotechnischen Hilfsmitteln auf ihre Initiative "Weststadion" aufmerksam, um die Anliegen der Fans beim zukünftigen Stadion am westlichen Stadtrand einzubringen.
Im Gästesektor waren die finalen Spruchbänder des Tages als Beleidigung des Gegners zu sehen (u.a. "Ka Börserl, ka Marie, Ostkurve Rapid floch wie nie!"), während sich die Ereignisse auf dem Rasen immer mehr ihrem Höhepunkt näherten. Die Hütteldorfer versuchten einen zweiten Treffer nachzulegen, als ein weites Zuspiel plötzlich zu Friesenbichler fand. Der Austrianer zimmerte das Leder aus einem unvorteilhaften Winkel in die gegnerischen Maschen und sorgte dadurch für eine violette Derbyekstase - ein spektakuläres Ende einer Partie, welche sich immer mehr zu steigern vermochte. Und so ging es mit unzähligen Eindrücken eines perfekten Drei-Tage-Ausflugs in der österreichischen Hauptstadt auf den Weg in die Heimat. Bis es wieder heisst: Vienna calling!
Der Ground galt bei seiner Fertigstellung (1931) als modernste Sportstätte Europas. Im Laufe der Zeit wurden mehrere Renovationen durchgeführt - auch vor der binationalen Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz, wo das Stadion auf dem Prater-Areal als Austragungsort des Endspiels zwischen Deutschland und Spanien (0:1) diente. Zuvor waren zwischen 1964 und 1995 schon vier Finalspiele im "Europapokal der Landesmeister" an selbiger Stelle durchgeführt worden. Es handelt sich zurzeit um das grösste Stadion des Landes mit einem dreistöckigen, überdachten Aufbau und den einzelnen Blöcken mit ihren verschiedenen Farben der Sitzschalen, welche sich aufgrund der Leichtathletikbahn allesamt in grösserer Entfernung vom Spielfeld befinden.
Sonntag, 25. Oktober 2015
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